Basler UBS-Chef im Interview

Thomas Aegerter setzt sich für möglichst verträgliche Laufzeiten bei den Corona-Krediten ein. Zinsen sollen, wenn überhaupt, nur moderat erhoben werden. Hart ins Gericht geht der Basler UBS-Chef mit den Klimaaktivisten.

Hier geht es zum Interview auf der Seite der Basler Zeitung.

Mit Blick auf die Pandemie erlebten Sie keinen Auftakt nach Mass?

Ende 2019 koordinierte ich den Übergang mit meinem Vorgänger Samuel Holzach. Das Jahr begann wie geplant, doch bereits Ende Februar mussten wir rasch auf Krisenmodus umstellen. Die vielen positiven Aspekte überwiegen jedoch trotzdem in meinem persönlichen Rückblick. Als Bank rückten wir in einer Art zusammen, wie es ohne Covid-19 nie möglich gewesen wäre. Das Virus schweisste uns noch mehr zusammen und setzte auch positive Energien frei.

Demnach stimmen auch die Zahlen für 2020?

Absolut. In zahlentechnischer Hinsicht war es trotz Corona ein ausgezeichnetes Jahr. Wir liegen bei den Hypotheken und bei den Anlagen über Vorjahr, aber auch mit der Akquirierung von Neukundinnen und -kunden sind wir sehr zufrieden.

Als Basler Grossbank prägen Sie das gesellschaftliche Leben der Stadt mit. Dieses kam 2020 aber fast ganz zum Erliegen.

Für mich war das eine sehr herausfordernde Situation, weil ich die Anlässe als Plattform nutzen wollte. In vielen persönlichen Kontakten, bei einer Tasse Kaffee oder einem Mittagessen konnte ich dieses Manko jedoch kompensieren. Die Folge davon war ein deutlich höherer zeitlicher Aufwand, doch das habe ich gerne in Kauf genommen.

Fünf Klimaaktivisten wehren sich diese Woche vor Gericht gegen die Geldstrafen, die sie nach einer Blockade der UBS in Basel 2019 erhalten haben. Das Jahr könnte besser anfangen?

Sachbeschädigungen auf fremdem Eigentum bleiben auch bei der Klimadebatte, was sie sind: Straftaten, die geahndet werden müssen. Mich stört, dass Aktivisten wie im vergangenen Dezember Farbanschläge auf verschiedene Basler Banken vornehmen und behaupten, die Farbe sei mit Wasser abwaschbar. Dem ist nicht so. Um die Schmierereien zu beseitigen, sind Spezialteams erforderlich, die mit Chemikalien Fassaden und Fenster reinigen müssen. Schmierereien helfen dem Klima nicht.

Werden Sie von der Klima bewegung zu Recht in die Mangel genommen?

Wir verfolgen unsere Klimastrategie konsequent und sind bereits weit gekommen. Weil die ganze Berichterstattung öffentlich ist, sind wir auch sehr transparent. Ein intaktes Klima ist auch im Interesse der Grossbank UBS. Deshalb setzen wir alles daran, den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft zu unterstützen.

Vor Ihrem Hauptsitz gibt es eine andere Dauerbaustelle.

Sie sprechen das Projekt Parking Kunstmuseum an. Wir wussten 2019, was auf uns zukommen würde, weil wir Teil des Projektteams waren. Am schlimmsten waren die Erdbebenertüchtigungsarbeiten vor rund einem Jahr. Inzwischen ist die Situation erträglich. Natürlich müssen wir Kundinnen und Kunden immer gut informieren, wenn Sie zu uns kommen wollen, weil nicht immer alle Zugänge offen sind.

Was wird Sie 2021 mehr beschäftigen: die Klimadebatte oder die Corona-Pandemie?

Corona wird in den kommenden Monaten das Hauptthema bleiben. Der Wechsel zu mehr Nachhaltigkeit wird aber auch 2021 im Fokus stehen.

Wie viele Kredite haben Sie 2020 im Zusammenhang mit Covid-19 gewährt?

Gesamtschweizerisch waren es bei der UBS 24’000 Kredite mit einem Volumen von 3,3 Milliarden Franken. Basel ist für die UBS in der Schweiz bezüglich Grösse eine 10-Prozent-Region. Demnach sind wir etwa bei 2500 Krediten mit einer Gesamtsumme von etwas über 300 Millionen Franken.

Wie viele haben Sie abgelehnt?

Wenige. Zu Beginn mussten die Anträge per Formular eingereicht werden. Diese waren teilweise nicht korrekt ausgefüllt und wurden durch uns sogar mehrmals retourniert. Wir haben lediglich eine formalistische Prüfung vorgenommen, eine inhaltliche Analyse war nicht erforderlich, deshalb passierten letztlich die meisten Anträge.

Gab es darunter auch schwarze Schafe?

Selbstverständlich. Solche gibt es überall auf der Welt. Eine kriminelle Energie beobachteten wir jedoch nicht. Die Zahl jener Kredite, die nachträglich untersucht werden müssen, ist verschwindend klein. Swissness setzt Korrektheit voraus. Diese haben wir zu meiner Freude weiterhin im Land, und das zeichnet die Schweiz auch aus.

Die Laufzeiten für die Kredite wurden vom Bund auf acht Jahre verlängert. Ist das sinnvoll?

Alle Firmen sollen genügend Zeit haben, um ihre Kredite zu amortisieren, insbesondere die stark betroffenen Branchen. Natürlich kann ein Kreditnehmer seinen Kredit auch schon früher zurückbezahlen.

Null-Zinsen sind nur für das erste Jahr garantiert. Was ändert sich 2021?

Der Bundesrat wird jeweils im Frühjahr den neuen Zinssatz festlegen. Ich gehe davon aus, dass er die Zinssätze sehr moderat halten wird, sofern er sich überhaupt dazu entscheidet, Zins zu verlangen.

Lässt sich im Zusammenhang mit Corona für Basel der wirtschaftliche Schaden beziffern?

Die zweite Corona-Welle wird zu wirtschaftlichen Schäden führen. In der ersten Welle reagierte der Bundesrat gut und stellte mittels Bürgschaftskrediten Liquidität zur Verfügung. Auch die Kurzarbeitszeitlösungen halfen der Wirtschaft. Studien zeigen, dass die Basler Wirtschaft auch während Covid-19 sehr robust unterwegs ist. Gegenüber anderen Regionen in der Schweiz wird der Schaden insgesamt geringer ausfallen.

Erwarten Sie 2021 mehr Konkurse?

Die Zahl der Insolvenzen dürfte in diesem und in den nächsten Jahren steigen, allerdings nur leicht.

Geht die Party an den Börsen 2021 munter weiter?

Die Märkte haben in den letzten zwölf Monaten Bewegungen von historischem Ausmass erlebt. Die Impfungen, die jetzt einsetzen, werden zu einer weiteren Entspannung führen. Die Konjunktur wird sich weiter erholen, und die Gewinne der Unternehmen werden wieder steigen. Ein Aufwärtspotenzial an den Börsen ist also durchaus gegeben.

Was raten Sie heute einem Anleger: den Kauf von Roche-Aktien oder einen Einstieg bei Bitcoin?

Weder noch. Ich rate dem Anleger, gemeinsam mit seinem Berater ein Anlegerprofil zu erstellen und darauf abgestimmt diversifiziert anzulegen. Nachhaltige Anlagen liegen im Trend und bieten deshalb Potenzial. Firmen, welche die Industrie technisch revolutionieren, wie Green-, Health- oder Fintech-Werte, stehen auf der Kaufliste. Small Caps, also Aktien mit geringer Marktkapitalisierung, haben ebenfalls Aufwärtspotenzial.

Sie schliessen Ihren Standort am Aeschenplatz. An wen haben Sie das Gebäude verkauft?

Das Verkaufsdossier wurde an viele Investoren verschickt, und es gibt bereits etliche Interessenten. Das Gebäude wird 2021 geleert, damit 2022 ein Eigentumsübertrag stattfinden kann.

Hunderte UBS-Mitarbeiter in Basel müssen zügeln? Löst das eine Aufbruchstimmung aus?

Es werden mehrere Hundert Arbeitsplätze verschoben. Der Backoffice-Bereich wandert in die Gartenstrasse, der Rest kommt an die Aeschenvorstadt. Grosse Umzugsschachteln müssen allerdings nicht gepackt werden, dafür sind wir als Bank schon zu digital. Homeoffice bleibt auch nach Corona ein Thema. Ein Projektteam erarbeitet derzeit Lösungen, wie wir als Bank zukünftig mit dem Thema Homeoffice umgehen wollen. In den beiden Gebäuden Aeschenvorstadt und Gartenstrasse werden wir nach der Verlagerung der Arbeitsplätze ein Ratio von 1,2 haben. Das heisst, pro 1,2 Mitarbeiter steht ein Arbeitsplatz zur Verfügung. Mit Ferien und sonstigen Abwesenheiten sowie den entsprechenden Homeoffice-Möglichkeiten wird das gut funktionieren.

Bleibt der «Hammering Man» am Aeschenplatz?

Findet sich keine Lösung, stelle ich den Koloss in meinen Garten. In diesem Fall würde er aber ins Baselbiet dislozieren. Scherz beiseite: Die Zukunft des «Hammering Man» ist noch offen, sie hängt unter anderem von den Plänen des neuen Eigentümers des Gebäudes am Aeschenplatz ab. Wir sind natürlich bestrebt, eine gute Lösung zu finden.